Ohne Foto blieb der Geheimtipp unserer Privatführung (außerhalb des offiziellen Studienreise-Programms) durch Jean-Marie Reding – das schnuckelige Garten-Café Littéraire Le Bovary im ehemaligen “Café am Duerf”. Gegen Ende war der Aku leer. Ich hätte wohl vorab nicht so lange die Wachparade am Großherzoglichen Schloss filmen sollen, deren abgezirkeltes Klack-Klack (23 Schritte zackig vor- und zurück, zwei Wachen bedeuten: der Duce ist anwesend!) bis in den ersten Stock des Chocolate-Houses ertönte, im Takt zur Gabel, die sich glutenfreien Käsekuchen in den Gierschlund schob. Doch so ein ausgiebiger samstäglicher Marktspaziergang mit all seinen Verlockungen macht einfach Hunger. Reinhold und ich mussten uns natürlich stärken für das Auf- und Ab, das uns Jean-Marie versprochen hatte!
Der Bibliothekar und autodidaktische Historiker führte uns direkt von unserem Hotel am Place de Guilliaume II über die Gëlle Fra (Goldenen Frau) in den Grund (Unterstadt) mit seinem korsettierten Flüsselchen Petrusse. Etwas später, am Zusammenfluss zur Alzette, ging’s (wie immer steil) hinauf auf das Plateau Rham (letzebergisch: Rumm) mit seinen markanten, hochgeschossigen drei Wehrtürmen. Wieder hinunter zur Alzette und entlang spazierend unterhalb des berühmten Bocksfelsens und eines neu entstandenen Skateparks zum Ortsteil Clausen, flankierend das ehemalige Brauerei-Fabrikgelände, an dem Amazon EU seinen Sitz hat und außerdem mit einer Restaurant-Flaniermeile (mühsam) wiederbelebt wurde.
Hinüber ging’s zum Mansfeld Park mit seinen – den umfangreichen Ausgrabungen harrenden – Resten des Renaissance-Schloss “La Fontaine” und vorbei am Geburtshaus Robert Schumans, quasi dem Begründer der EU. Danach grün umspannt zum (ja, sehr steil!) Kirchberg-Plateau, wo uns das wieder aufgebaute Fort Thuengen mit seinem innewohnenden Museum Dräi Eechelen und dem Mudam (Museum für moderne Kunst), erbaut vom Star-Architekten Ieoh Ming Pei (der mit der Pyramide am Louvre) eindrucksvoll empfing.
Im Hintergrund die Shilouette des Europaviertels, von dem ich bereits zweimal berichtet habe (Curia Europa und Bibliothek des EuGH). Im Vordergrund eines der schönsten Panoramen Luxemburgs. Bis zur grandiosen Philharmonie reichte der elektronische Saft. Beim Ablichten des ebenfalls grandios hässlichen Schuman-Gebäude vis-à-viz gab das Handy verständlicherweise auf.
Doch auch wir selbst mussten auftanken, und so ließen wir hurtig die ausgedehnten Neubauflächen des Kirchbergs und tauchten ein in die Parallelwelt einer alten Dorfstruktur, den Ortsteil Wemeschkierch, um im Licht der letzten, kräftigen Sonnenstrahlen den liebevoll gestalteten (schnüff, (unfotografierten) Lesegarten zu erobern. Den Wein hatte sich unser unterhaltsamer, kenntnisreicher Führer Jean-Marie redlich verdient. Seine Geschichten zur Historie, Land und Leute, aber auch zur (Wahl- und Kultur-)Politik hier wiederzugeben würde leider den Rahmen sprengen. Wir sind uns jedoch sicher, er würde jeden bibliothekarischen Besuch aus Deutschland ebenfalls sehr gerne begleiten, bestimmt auch ins Umland. Dahin ging’s am nächsten Tag. Die Wanderung im Müllertal bildet sodann den Abschluss unserer Studienreise-Berichte. Wandern Sie doch einfach mit!
Fotogalerie Stadtführung Luxemburg
Alle Berichtsteile zur Studienreise nach Luxemburg
1. Studienreise Luxemburg (1): Cité Bibliothèque
2. Studienreise Luxemburg (2): Curia Europa
3. Studienreise Luxemburg (3): Bibliothek des Gerichtshofs der EU
4. Studienreise Luxemburg (4): Nationalbibliothek
5.1. Studienreise Luxemburg (5.1): Stadtführung, Teil 1
5.2. Studienreise Luxemburg (5.2): Stadtführung, Teil 2 (Dieser Bericht hier)