Von „atmenden“ Bildungssystemen war die Rede, vom Vier-Raum-Modell (nicht zu verwechseln mit dem 4-Zimmern im Change Management!), vom beispielhaften Bibliotheksräumen und –konzepten aus dem In- und Ausland und von Bibliotheken als Element der Steuerung von Lernwelten. Prof. Dr. Richard Stangs¹ Bogen seines Vortrags „Lernwelten im Wandel“ in Donauwörth zum BBV-Mitgliederforum² war zwar weit gespannt, doch übersichtlich gegliedert.
- Einführung
- Lernwelten im Wandel
- Relevanz der Bibliotheken
- Raum als Rahmung
- Veränderungsperspektiven
- Optionen für die Zukunft
Um abzukürzen, zitiere ich Stangs (für mich) wesentlichste Aussagen und lasse den theoretischen Überbau einmal weg. Folien sollen laut Veranstalter BBV noch veröffenlicht werden.
“Vielleicht etwas trivial: Lernende in den Fokus rücken! Nicht die Organisation!”
„Wie bediene ich meine Bürger so, dass sie sich in meiner Stadt weiterentwickeln können?“
„Für die Lernenden ist es egal, wo ich lerne, wenn Dinge gut strukturiert sind“
„Auf Tablets passiert das gleiche wie mit Büchern. Was ist der pädagogische Mehrwert? Die Frage sollten wir uns öfter stellen.“
“Wenn wir Bilder von klassischen Schulräumen betrachten, da hat sich grundlegend seit den 70er nichts verändert. Ein gutes Beispiel ist Wutöschingen. Da gibt es keine Klassenräume mehr. Die Lehrer sind von 8-18 Uhr ansprechbar. Alle sind glücklich.”
“Bibliothekare sind pädagogische Dilettanten. Die Zusammenarbeit mit professionellen Pädagogen aus der Erwachsenenbildung bietet sich an, z. B. aus der VHS.”
Komme ich kurz auf das Vier-Raum-Modell (nach Hendrik Jochumsen, 2014) zu sprechen.
Die vier Räume sind in einem quadratisch angeordneten Modell angeordnet:
- Erlebnis
- Empowerment
- Beteiligung
- Innovation
Der Trend geht zu verschiedene Aufenthaltszonen:
- Arbeiten und Lernen
- Informieren
- Spielen
- Entspannen
- Kommunizieren
Wir finden in diesem Modell als Raumbegriffe und ensprechendem Verbum vor:
- Lernraum – entdecken
- Treffpunkt – mitmachen
- Performativer Raum – kreieren
- Insprationsraum – begeistern
Stang stellte zahlreiche innovative Bibliotheksräume vor, die geprägt sind von einer Bildungsorientierung:
- The Saltire Centre, Glasgow Caledonian University
Stang verwies darauf, dass die Folie, die einen freien und locker gestalteten Raum zeigt, seit seinem letzten Besuch wohl bereits veraltet wäre. Denn der freie Raum soll wieder zur klassischen Bibliothek umgebaut werden. - Avans Hogeschool, Breda
- Dok Delft.
Hier fragt sich Stang bei seinem Besuch, ob Niederländer ein anderes Geräuschempfingen als Deutsche haben. Keiner protestierte, als in die Tasten des frei aufgestellten Klavieres gegriffen wurde. - Lerntreff in der Stadtbibliothek Palais Walderdorff, Trier
Um den Lerntreff zum selbständigen Lernen zu nutzen, wird kein Bibliotheksausweis benötigt. “Plötzlich sind Leute gekommen, die früher nie in die Bibliothek kamen.“ - Chocoladefabriek, Gouda
Digitale und analoge Welt bestens vernetzt. Mein Tipp: Schauen Sie sich unbedingt die Startseite an. Im Hintergund läuft ein Film ab, der das Außergewöhnliche der Institution erfassen lässt! - de Bibliotheek, Voorschoten-Wassenaar
Stangs beinahe philosophisch anmutende Frage: „Wann ist das Alter, dass es aufhört, dass man sich in kreativen, locker gestalteten Räumen aufhalten darf?“ Und er stellt fest: „Kreativität, Buntheit, Flexibilität … also alles Schlüsselkompetenz, in der Erwachsenenbildung. Bibliotheken fehlt es an Strukturen, Lockerheit zu erleben.“
Zur Lernwelt der Hochschule resümiert Stang aus einer Umfrage heraus, dass „die Strukturen im Vordergrund stehen, und eigentlich stören die Studierenden.“
Dokk 1 Aarhus
Konzept des Urban Mediaspace. Auch dort spielt die Akkustik nur eine geringe Rolle. Es wurde 5 Jahre am Konzept gearbeitet. Stang empfiehlt: Erst sollten sich Bibliotheken die Frage stellen: Was soll in den Räumen passieren? Dann sind die Optionen zur Gestaltung offen.
Stang sieht folgende Optionen für die Zukunft (Auszug):
“Wir haben ganz viele Kollegen, die wollen einfach nur Vorlesungen halten.”
“Klausuren gehören abgeschafft, weil es andere Formen der Leistungsmessung geben muss.”
“Bibliotheken bewegen sich zwischen diesem allen. Da passiert in Deutschland schon ganz viel. Doch wir brauchen noch eine ganz andere Anstrengung.
Die Frage ist: Wie ist man selber positioniert?“
¹ Prof. Dr. Richard Stang aus der Hochschule der Medien Stuttgart, Medienwissenschaft, Medienpädagogik, Lernwelten.
² Bayerischer Bibliothekstag (Mitgliederforum) am 26.10.2017 in Donauwörth
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