Bibliotheksberatung in Lockdown-Zeiten: Mit dem Schlimmsten rechnen und das Beste daraus machen

Oline-BibliotheksberatungDoch, das geht. Eine Bibliothek über mehrere ganze Tage konzeptionell auch im Hinblick auf Ausstattungsfragen zu beraten, zu der man nicht einmal reisen kann. Ein Team beraten, das man nicht persönlich kennenlernen kann. Ich habe mit dem Schlimmsten gerechnet, nämlich einer Absage, zumal die Beratung von der Fördermittelseite her ein schmales Zeitfenster hatte. Das machte die Sache noch einmal mehr spannend. So geschehen diese Tage bzw. Wochen, als eine größere Bibliothek in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen zwingend zur Erfüllung ihres Förderungsantrags zum “Dritten Ort” um Unterstützung bat.

Die Erfahrungen des ersten Lockdowns zeigten, dass die Technik – also Plattformen wie Zoom, Jitsi & Co. zwar insgesamt bekannter waren als früher, dennoch der Umgang damit noch immer nicht von allen Bibliotheksmitarbeitenden eingeübt sind oder auch nur wenigstens einmal durchgeführt wurden. Wenige Ausnahmen nahmen bereits an einer derartigen Veranstaltung teil, von den Führungskräften einmal abgesehen. So die Ausgangslage, und hier …

Mein Workflow – 20 Tipps zur Online-Beratung

  1. Hyperaufmerksames Lesen der vorab erhaltenen Informationen, auch zwischen den Zeilen
  2. Sich gut präparieren! Telefonische Absprachen treffen, alle Fragen klären, genau hinhören bei den Antworten. Klar gilt das generell auch bei Präsenzberatung. Doch es entstehen während der Online-Beratung genügend weitere Fragen, die Zeit kosten.
  3. Technische Rahmenbedingungen abklopfen und vorab Funktionen miteinander austesten. Was auf dem eigenen Browser und im WLAN funktioniert, muss noch lange nicht für die Bibliothek klappen!
  4. Was tue ich, wenn mich zeitweise mal keine/r sehen oder hören kann? Alle Sessions sowohl in Bild als auch Wort vorbereiten.
  5. Exaktes Planen und Einhalten der Pausenzeiten, die alle 1-1,5 Stunden erfolgen sollte.
  6. Deutliche Ansagen zu Beginn und während der Online-Konferenz: Was soll geschehen? Wer bzw. in welcher Reihenfolge soll gesprochen werden? Wann ein Handzeichen geben? Wann und wie ist ein Feedback gefordert? Wie sieht das Handling des Chats aus?
  7. Antworten auf unerwartete Entwicklungen, die eine Entscheidung über das weitere Prozedere erfordern, in eine kurze Pause verlegen. Unausgegorenes laut in den Raum sprechen, ein Hin- und Her-Überlegen, ein Miteinander-Entwickeln mag für Offline völlig in Ordnung sein. Doch Online ist es eher nicht ratsam, da ein schneller, gemeinsamer Abgleich aus technischen Gründen nicht gut funktioniert. Eventuell können zwei bis drei Antwort-Variationen vorgestellt und darüber per Handzeichen abgestimmt werden.
  8. Was passiert, wenn nicht alles fertig wird, noch etwas offen bleibt? Vorher ein Szenario entwickeln (= Plan B).
  9. Grundsätzlich: Sich Zeit nehmen und mit Geduld wappnen, zu jeder Minute gelassen bleiben
  10. Getreu dem Motto: “Es kann nichts schiefgehen. Das einzige, was passieren kann, ist,
    dass die Dinge einen anderen Verlauf nehmen als geplant.” (Stephan Sarek)
  11. Vor allem in punkto Technik: Plan B parat haben und flexibel bleiben. Evtl. ausweichen auf einen vorbereiteten alternativen Online-Raum.
  12. Keine hektischen und überflüssigen Bewegungen, um die Bildübertragungskapazitäten nicht auszuschöpfen.
  13. Sich so vorbereiten, dass die Kerninhalte ausreichend visualisiert sind, falls der Ton Probleme macht.
  14. Z. B. auf nextcloud vorab Unterlagen hinterlegen, die während der Konferenz downloadaber sind, und vorab den Zugang mailen bzw. zu Beginn und Ende der Sitzung ansagen. Achtung: Dropbox und Google docs sind im öffentlichen Dienst meist wegen einer rigiden Firewall nicht nutzbar.
  15. Deutlich und langsam sprechen – und leider auch oft lauter. Mikros leisten nicht immer den Dienst, den man erwarten sollte, zumal sie oft zum Verrutschen neigen. Leiser schalten gelingt bei den meist gut, lauter einstellen klappt hingegen eher schlechter.
  16. Daher: Halsbonbons parat halten, einen ganzen Tag lässt sich das sonst nicht durchhalten.
  17. Wann immer möglich, die laufenden Wortmeldungen sichtbar in einer Word- oder Powerpoint-Datei mittippen -> Simultanprotokoll.
  18. Da Zuhören und Tippen und Mitdenken und Antworten überlegen selbst für Multi-Task-Spezialist(inn)en eins zu viel sind, ist ein/e Co-Moderator/in zur Beobachtung der technischen Aspekte unerlässlich.
  19. In den Pausen Nackenübungen machen, da die sich automatisch mit der Zeit verkrampfenden Halsmuskeln die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn blockieren. Die Folge sind Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen.
  20. Trinken nicht vergessen. Wenn Mineralwasser, dann am besten ohne Kohlensäure!

Fazit

Oline-BibliotheksberatungDer größte Unterschied von Offline und Online liegt zum einen darin, dass man sich seiner Fachkompetenz sicher sein sollte. Denn oft fehlt das direkte oder auch mangels Körpersprachlichkeit richtig einordenbare Feedback. Monologisieren ist schrecklich, doch notfalls muss man das einen Tag lang durchhalten können, ohne, dass es allen und einem selbst langweilig wird. Hier nützte ein gutes inneres Standing, aber auch ein wenig Entertainment, Humor und immer wieder kleinere Pausen.

Das technische Handling sollte man im Schlaf beherrschen, um sich voll und ganz auf die Inhalte und die oft schwer verständlichen bis gänzlich ausbleibenden sicht- oder hörbaren Feedbacks zu konzentrieren und zu reagieren. In diesem unseren Lande sind viele Bibliotheken mit einem so unterirdisch funktionierenden WLAN ausgestattet, dass es einem gruseln könnte. Daher: “Rechnen Sie mit dem Schlimmsten und machen Sie das Beste daraus!”

Die Vorbereitungen für Online-Beratungen sind doppelt so lange zu veranschlagen, als sie Offline benötigt werden. Ebenso kann die Nachbereitung etwa um das Eineinhalbfache länger dauern. Was wegfällt, ist die Bearbeitung und das Beschriften von Fotos für eine Bild-/Wort-Dokumentation. Die Verschriftlichung für diejenigen, die durch technische Probleme bedingt weniger vom Verlauf der Online-Beratung mitbekommen haben, ist hingegen umfangreicher.

Mein Angebot

  • Sie benötigen eine Online-Beratung für Ihre Projekte? Ich spreche das mit Ihnen auch im Hinblick auf das technisch benötigte Equipment und das “Mitnehmen” Ihres Teams genau ab.
  • Sie sind selbst Referent/in und möchten mehr erfahren oder einfach nur üben? Sprechen Sie mich an und vereinbaren Sie eine Online-Train-the-Trainer-Beratung!

Viel Erfolg allen, ob Off- oder Online! Ihre Ilona Munique

 

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