Die Stadtbibliothek Bremen bzw. ihre Zentralbibliothek hat quasi einen leckeren Rahmen. Das historische Gebäude, ein ehemaliges Polizeihaus, jetzt “Wall-Forum”, beherrbergt im Erdgeschoss eine Einkaufspassge mit Marktcharakter. Beinahe könnte man hier übersehen und “vergessen”, dass ein direkter Zugang zur Zentralbibliothek besteht. Vom Dämmerlicht des Marktbereichs hinein in ein lichtdurchflutetes Haus grüßten – wie soll es auch anders sein – die Bremer Stadtmusikanten, ganz in Blau und mit Büchern in den Pfoten.
Beeindruckend das Foyer. Weder “Rückgabe” und “Ausleihe” noch “Information” waren als erstes erkennbar. Stattdessen mit großen Lettern auf zwei Säulen der “Empfang”. Da fehlten selbst die luxoriös breiten Treppenaufgänge nicht, die den herrschaftlichen, gleichwohl modernen Eindruck komplettierten. So breit, dass sie Platz hatten für Sitzgelegenheiten, die auch rege genutzt wurden. Daher verzichtete ich auf ein Foto, um die Personenrechte nicht zu verletzten, zumal erkennbar Menschen aus anderen Ländern, womöglich Flüchtende, versunken in kontemplativer Haltung, verweilten.
Auf der üblichen Jagd nach Ausschilderungsbeispielen für meine Seminare und Lehraufträge fand ich drei weitere gute Ideen, die in anderen Bibliotheken eher weniger zu finden sind.
- Das Leitsystem an der Steigung, also der Vertikalen der Treppenstufen. Hier führte es zur Ausstellung Wall-Saal. Vermutlich zwar als eine Dauerbeschilderung gedacht, doch sicherlich nach Bedarf leicht auswechselbar.
- Ein Roll-up mit “Herzlich Willkommen” in verschiedenen Sprachen. Schöne Geste.
- Aushang von Förderern und Sponsoren der Bibliothek. Schlicht und ohne Logos (mit Ausnahme der ZB), im schlichten, schmal-goldenem Rahmen, jedoch wirkungsvoll innerhalb eines ansonsten leeren, beigegestrichenen Wandareals angebracht.
Überhaupt überwog die Farbe Beige, aufgepeppt durch unifarbene Elemente wie tomatenrote, bequem wirkende Sessel und viel Grün im fantastischen und gut genutzten Lesegarten. Das Rot kommt noch einmal an einer Wand im Eingangsbereich vor, markiert mit den Großbuchstaben “Buchrückgabe”. Davor Terminals für die Selbstverbuchung. Doch der Eindruck vom “mittemang” stehenden “Empfang” war eindeutig stärker als die Signalfarbe.
Wie so oft ist der erste Eindruck der prägendste. Auf mich macht die Zentralbibliothek einen – trotz der Größe und vielen Besuchern – ruhigen, besonnenen Eindruck. Nichts ist zu viel, doch alles wohldurchdacht, mit Fokus auf die Fürsorge und sanfte Umwerbung ihrer Nutzer/innen. Selbst die Regale (graues Stahlrohr, beige Flächen) schmiegen sich unaufdringlich-sanft um die Gäste herum und bieten einladende Inseln zum Miteinander-Lernen, wie auf einem der Fotos erkennbar ist. Hier unterweist eine Frau einen jungen Flüchtenden in die deutsche Sprache.
Eine moderne Bibliothek wie aus dem Bilderbuch und eindeutig ein “Dritter Ort”! Es tat gut, sie endlich persönlich kennengelernt zu haben. Denn sie hat mich vor über 25 Jahren sogar geprägt. Und das kam so: Die Stadtbibliothek Bremen war die allererste Kundin für das bereits gedanklich in Gründung befindliche WEGA-Team gewesen. 1994 frug Peter Hombeck, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, an, ob er das Copyright für etliche Werbetexte erhalten könne, die ich zuvor in der ehemaligen Fachzeitschrift “Die neue Bücherei” (Fachstelle München) veröffentlicht hatte. Was war ich stolz darauf!
Er motivierte mich mit dieser und weiterer Bestellungen zum Aufbau des Betätigungsfeldes “Werbung für Bibliotheken”, welches ich für meine Zeit in meiner neuen, bibliotheks- und damit arbeitsstrukturschwachen Heimat anpeilte. WEGA-Team war denn auch lange Jahre das Apronym für “Werben fürs Ganze”, aus dem 2009 im Zuge der Komplettorientierung zur Fortbildung “Wege der Erwachsenenbildung. Ganzheitlich. Anspruchsvoll.” wurde und seit 2014 “Wege. Entwickeln. Gemeinsam. Aktiv.” bedeutet.
Die Stadtbibliothek Bremen wirkt(e) motivierend nicht nur auf mich, sondern ganz sicherlich für all ihre Kundinnen und Kunden. Möge es immer so bleiben.